Freitag, 12. April 2019

Kolumne: Von Preisverleihungen und unpassenden Witzen

Jedes Jahr auf ein Neues ziehe ich mir den Livestream zum Deutschen Computerspielpreis rein. Während ich letztes Jahr sogar ein Format damit starten wollte, habe ich nun nur meine eigenen kleinen Kolumnen und werde die diesjährigen Ereignisse darin verpacken. Vorweg könnte ich mich glatt für einige Worte entschuldigen, die ich auszusprechen und aufzuschreiben versuche ohne meine gute Erziehung zu vergessen. Aber das meiste Pulver habe ich bereits beim Schauen des Livestreams verschossen, an dem meine Nachbarn bestimmt lautstark teilnehmen konnten. Allein das Antreffen auf dem roten Teppich legte den Terminus des Abends fest und zog sich dann wie ein roter Faden aus eben diesen Teppich durch das Programm. Wenn ihr euch selber das Desaster anschauen wollt, macht euch gefasst auf viele unverstandene und schlechte Witze.

Letztes Jahr beschwerte ich mich über die gute Frau Schöneberger, da ich es unpassend fand jemanden die Veranstaltung moderieren zu lassen, der nichts mit der Gaming-Branche am Hut hat. Ich dachte nicht, dass ich mich tatsächlich mal nach Frau Schoneberger sehnen werde, doch was Ina Müller an den Tag legte, zog mir fast die Schuhe aus. Immer wieder wurde auf lustig getan und ich konnte schon nicht mehr hören, wie alt doch Frau Müller ist und das deswegen alles nicht verstehen kann. Respektlos wurden Gewinner vorgeführt und ich konnte mich vor Fremdscham gar nicht mehr einkriegen.

Selbst von der Politik, die immer wieder beteuerte, dass der DCP ja nicht für sie selbst stattfindet, sondern für die Industrie und die Gamer geschaffen wurde, wurden Witze gerissen und Unsympathen hauten sich gegenseitig in die Pfanne. Über das Kleid von Frau Bär wurden schon genug Worte verloren, aber ich fand es gewagt und schick. Soll doch jeder anziehen, was er möchte und in was sich derjenige wohlfühlt, obwohl der Gaming-Branche ja immer abgesprochen wurde im Laufe des Abends, dass man sich angemessen kleiden kann oder man war verwundert, dass dies doch geglückt ist.

Wie viele Leute beteuerten, doch eigentlich gar nichts mit Videospielen zu tun zu haben, war auch so eine Sache, bei der ich kotzen könnte. Wie wichtig die Preisgelder sind… bla, bla. Ich träume ja von einem DCP, bei dem keiner über sein "Zock-Verhalten“ redet, weil es eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Kernkompetenz vorhanden ist. Bis dahin werden Inkompetenzen weggekichert und oberflächliche Witze gerissen. Meinetwegen stellt LetsPlayer, Streamer und mehr ESportler auf die Bühne, aber bitte Menschen, die sich auskennen und schon einmal ein Gamepad in der Hand hatten.

Bei einer Sache muss ich Ina Müller allerdings recht geben - es kommen viel zu wenig Frauen auf die Bühne. Da waren Stephanie Kaiser vom Digitalrat und Melina Juergens, die die Senua in Hellblade verkörpert als Laudatoren ein Lichtblick. Ebenfalls hat mir die Nachricht von Cory Balrog gefallen. Wenn ich mir die Spiele betrachte, dann habe ich zwar nichts zu meckern, weil ich State of Mind schon letztes Jahr sehr gefeiert habe, Unforseen Incidents ebenfalls nicht schlecht fand und Trüberbrook schon vorbestellt ist, aber die großen Überraschungen blieben aus.

Kommen wir zur Musik des Abends, denn das ist wieder so ein Punkt über den ich mich stundenlang echauffieren könnte. Endlich wurde Videospielmusik mit ins Programm genommen und ich hätte gerne dem kleinen Orchestra gelauscht, als sie Lieder aus Skyrim oder Zelda zum Besten gaben. Tja, ging nicht, denn ich konnte kein Wort verstehen, weil im Livestream Interviews geführt oder eher gegen die Musik angeschrien wurde. Aber Hauptsache, wenn Namika kommt, welches mal wieder nichts mit Games zu tun hat, die Musik tatsächlich mal spielen lassen. Versteht mich nicht falsch, Namika hat eine wundervolle Stimme, auch wenn ich glaube, dass sie eine Preisverleihung mit einem Konzert verwechselt hat, aber was mich fuchsig macht, dass ihr der Platz eingeräumt wird, den eigentlich Soundtracks einnehmen sollten. Wenn nicht über das Orchestra gequatscht worden wäre, wäre ich wahrscheinlich nicht so sauer.

Aber mit den Verwechslungen hatte es auch die Comedian Enissa Amani, die Vorurteile auspackte und nach dem Artikel 13 Desaster auch noch die CDU lobte. Mal wieder von mir die Frage: Warum lädt man solche Leute überhaupt ein? Meine Vorschläge für nächstes Jahr - mehr Gaming, mehr Kompetenzen, weniger unpassende Witze. Danke. Es tut mir Leid, dass ich hier so viel Salz verstreuen muss, aber ich bin wirklich enttäuscht, dass der DCP jedes Jahr katastrophaler wird.

Es bleibt der Abend, der schlechten Witze, die nicht ankommen. 50% Politik, 45% Fremdscham und 5% Games. Herzlichen Glückwunsch.