Sonntag, 14. April 2019

Kolumne: Vom Schwierigkeitsgrad und einer Kunst-Diskussion

Das Spiel ist zwar gut, ist aber halt nicht Dark Souls. Diesen Satz hörte ich tatsächlich mehr als ich es zählen konnte. Oft wird Dark Souls als der heilige Gral der Videospiele gezählt und auf ein Podium gehoben, von dem es so schnell nicht herunterzubekommen ist. Schon immer haben sich Menschen in einer Gesellschaft anhand verschiedener Disziplinen gemessen. Während es in der Antike in das Colosseum zum Kämpfen ging, so hauen wir uns heutzutage unsere Gamerscores um die Ohren. Der virtuelle Schwanzvergleich reicht von dem bloßen Bezwingen von Bossen bis zu einem rasanten Speedrun in unter einer Stunde bei einem zeitlosen Klassiker auf dem Super Nintendo. Wenn man nicht direkt sich die Birne in einem Shooter oder einem BattleRoyale wegschießt, dann brauchen auch die SinglePlayer-Veteranen eine Möglichkeit sich zu vergleichen und herauszufordern. Sollten nun Videospiele einen einfacheren Schwierigkeitsgrad haben oder ist es Gatekeeping, wenn Spieler das nicht wünschen und damit eventuell andere Spieler ausschließen?

Nach Dark Souls ist ein ganzes Genre, der sogenannten "Souls-like“ Games benannt, die sich meist durch einen schweren Schwierigkeitsgrad auszeichnen und viel Wert darauf legen, dass sich die Spieler mit den Mechaniken und Angriffsmuster der Gegner und den Gegebenheiten der Umwelt auseinandersetzen. Dark Souls wurde von From Software entwickelt, ein Unternehmen, welches 1986 in Tokyo gegründet wurde und momentan 218 Mitarbeiter beschäftigt.

Am 22. März diesen Jahres erschien ein neues Spiel aus dem Hause From Software - Sekiro - Shadows Die Twice. Nun hat diese kleine Perle eine riesige Diskussion vom Zaun gebrochen. Wie bei den Spielen von From Software üblich, ist Sekiro eine ganz besondere Herausforderung und steht seinem Kollegen Dark Souls in nichts nach. Sollte Sekiro einen Easy Mode bekommen, damit alle Spieler in den Genuss dieses Werkes kommen?

Diese Frage ist nicht so leicht zu beantworten, denn man zieht sich schnell den Hass der Community zu. Bejaht man, ist man eine Pussy, die keinen Controller richtig halten kann und solche Spiele gar nicht spielen sollte. Verneint man, ist man ein Gatekeeper, der seinen Selbstwert nur aus seinen Dark Souls-Skills bezieht. Wie man es macht, macht man es verkehrt.

Lasst mich euch meine Erfahrungen mit Dark Souls kurz schildern. Ich wusste von Anfang an, dass mich ein Spiel erwartet, welches mich an den Rand der Verzweiflung bringen würde, weil ich mir die Zähne daran ausbeißen würde. Dennoch wurde ich überrascht, als sich eine interessante Dark-Fantasy-Welt offenbarte, die mir keinen Fehler verzieh. Trotz der vielen Tode, die ich einstecken musste, ist Dark Souls niemals unfair. Mir war immer komplett klar, warum ich gerade das Zeitliche gesegnet hatte. Während normale Gegner irgendwann an Schrecken verloren, so waren die Bosse immer herausfordernd und ich verspürte ein Gefühl von Euphorie und Glückseligkeit, als ich endlich die Bewegungsmuster verstand, die Mechanik mir zu nutzen machte und nicht ich, sondern der Gegner ins Gras biss. Kaum ein anderes Spiel hat mir ein solche immenses Gefühl von Belohnung gegeben, wie es die Spiele von From Software tun.

Es braucht viel Zeit und noch mehr Geduld um den großen Brocken Dark Souls zu durchschauen, zu besiegen und schließlich zu meistern. Hat dies mit Skill zu tun? Nur bedingt, denn jeder, der genug Durchhaltevermögen hat, wird irgendwann etwas reißen können in den From Software Spielen. Hier gilt: Der Weg ist das Ziel, was den Schwierigkeitsgrad zur Spielmechanik und zum integralen Bestandteil macht, wie es mein lieber Max sagen würde.

Dies bedeutet auch, dass ich es schade finden würde, wenn Spieler nicht in den Genuss dieses zwar harten, aber auch sehr befriedigenden Lernweges kommen. Für mich gehört dies zum Spiel dazu. Würde es mir den Spielspaß nehmen, wenn einige Menschen dies Spiel auf einem Easy-Mode spielen? Nein. Jeder soll spielen wie er möchte, solange er keinem anderen Spieler damit schadet, wie z.B. ein Aimbot in einem Multiplayer.

Was ich mich dennoch frage ist, wo die "Accessibility“, also die Zugänglichkeit ihre Grenzen hat. Ich lobe einen Modus für Farbenblinde und mag es auch, dass man in Shadow of the Tomb Raider den Schwierigkeitsgrad von Rätseln und Kämpfen separat einstellen kann. Aber selbst kann ich keine VR-Games spielen, weil mir nach 10 Minuten schlecht wird. Selbst bei vielen Autorennspielen wird mir nach einer Zeit schlecht und so bleiben mir meist nur die Fun-Racer. Deracine - ein VR-Spiel aus dem letzten Jahr hätte ich furchtbar gerne gespielt, was aber leider nicht möglich ist. Soll ich einen eigenen Modus verlangen, weil ich nicht in der Lage bin es so wie es ist zu spielen? Sollen Horrorfilme in zwei Fassungen existieren - einmal für die Hardcore-Fans und einmal für die, die es nicht so gruselig mögen? Quatsch, mögen jetzt einige schreien - wenn ich ein Angsthase bin, gehe ich halt nicht in einen Horrorfilm! Drehen wir den Spieß um - wenn ich keine Geduld habe mir eine Spielmechanik anzueignen, weil der Schwierigkeitsgrad enorm ist, dann greife ich halt nicht zu einem From Software Spiel.

Soll ich euch mal etwas sagen? Es ist vollkommen egal, ob ich es jetzt gut oder schlecht finde, wenn Sekiro einen Easy Mode bekommt, denn die, die das wirklich zu entscheiden haben, sind die Leute von From Software. Sagen sie, klar, kein Problem, dann habe ich selbstverständlich auch kein Problem. Sagen sie, nein, denn das widerspricht unser Auffassung und Vision vom Spiel, dann kann ich das verstehen. Der Künstler entscheidet über sein Werk und seine Inszenierung und damit haben wir uns abzufinden. Jemanden dazu zu zwingen sein Werk zu beschneiden oder zu ändern, weil es einem selbst nicht passt, ist einfach nur ungehobelt.