Sonntag, 10. März 2019

Kolumne: Über Gate-Keeping und richtige Fans

Wir müssen reden. Nachdem das Remake von Resident Evil 2 erschienen ist und sich die Veteranen der Gaming-Community mal wieder überschlagen haben, während sie sich gegenseitig in den Arsch gekrochen sind und sich beglückwünscht haben, wurden viele Neueinsteiger vergrämt und verschreckt. Gate-Keeping ist ein Phänomen, welches in unser Zeit so oft vorkommt, dass es sich in verschiedenen Formen zeigt. Wenn jemand eine bestimmte Richtlinie setzt, ab wann man ein richtiger Fan von etwas ist und alle anderen gnadenlos unterbuttert und heruntermacht, die diesem Standart nicht entsprechen, dann ist das Gate-Keeping. Bildlich gesehen kann man sich einen selbsternannten Türsteher vorstellen, der nur diejenigen reinlässt, die in seine Wertvorstellungen passen. Im Falle von Resident Evil 2 nur diejenigen, die selbstverständlich auch das Original gespielt haben. Wie armselig.

Das verstehst du nicht, weil du zu jung bist! Wie, du hast noch nie ein Teil von Spielxy gespielt? Ich möchte euch von einer Erfahrung berichten, die ich vor ein paar Jahren machen musste. Aufmerksam gemacht auf Ready Player One wollte ich dieses Buch unbedingt lesen, aber mir wurde heftig davon abgeraten mit der Begründung, dass ich zu jung wäre um die ganzen Anspielungen zu verstehen. Keine Angst, ich behaupte nicht, dass ich alle Eastereggs ohne Umschweife erkennen konnte, aber Google ist ja schließlich dein Freund. Jetzt gehört Ready Player One zu meinen Lieblingsbüchern.

Ha! Du hast also das Buch vor dem Film gelesen! Also hältst du dich für was Besseres! Nein, ich gehöre zwar gerne zur Fraktion, die immer wieder schimpft, dass das Buch meilenweit besser war, aber deswegen bin ich nicht selbst besser. Ich möchte jedem die Witcher-Bücher ans Herz legen, die Witcher 3 mochten und jeder Film-Fan, der etwas für Herr der Ringe übrig hat, sollte vielleicht mal ein Blick in die Bücher schauen, wenn man blumige Landschaftsbeschreibungen ertragen kann.

Selbst habe ich mich auch schon dabei ertappt, dass ich enttäuscht von Aussagen war. Als ich noch in einem Forum tätig war, schrieb mich ein Mädchen an, welches sich irrsinnig freute, dass sie endlich jemanden gefunden hatte, der auch The Legend of Zelda mochte. Ich muss nicht erwähnen, dass bei mir die Freude ebenfalls groß war und ich mich auf einen interessanten Austausch freute, schließlich hatte sie mir gesagt, dass sie der größte Zelda-Fan schlechthin ist. Schon bald merkte ich aber, dass sie nur über Twilight Princess sprach. Es stellte sich heraus, dass dies das einzige Spiel der Reihe war, welches sie gespielt hatte. Sie wurde richtig wütend, wenn ich über die anderen Zelda-Spiele reden wollte. Ich war enttäuscht.

Anders war es da mit einer Mitschülerin, die The Legend of Zelda sehr geliebt hat, allerdings noch nicht so viel in der Reihe gespielt hatte. So spielten wir einfach gemeinsam und waren vielleicht genau deswegen auf einer Wellenlänge. Ich liebe es anderen Menschen Dinge nahezubringen, für die mein Herz brennt und wenn die Begeisterung sowieso schon vorhanden ist, dann kann das ja nur gut gehen.

Ich liebe die Witcher-Reihe total! - Hat nur Witcher 3 gespielt.
Pokemon ist mein absolutes Lieblingsspiel! - Hat nie gespielt, sondern nur ein Pikachu-Plüschtier zuhause.
Ich bin voll der Otaku! - Hat nur eine Folge Sailor Moon geschaut.

Jetzt werden einige mit den Augen rollen und ich verstehe euch, meine lieben Leser. Aber wichtig ist, hier das Potenzial zu sehen. Wenn jemand schon begeistert ist, dann sollte man dies weiter unterstützen und ihn nicht niedermachen. Bedenkt, für einige Spiele braucht man einem CoOp-Partner!

Wenn du Spiele nicht beim Release gespielt hast, dann bist du kein echter Fan! Einen Klassiker nachgeholt? Da wird man müde belächelt - wenn du damals dabei gewesen wärst, dann würdest du das ja ganz anders sehen! Dieses Argument ist dumm. Ansonsten dürfte keiner von euch die Serenade Nr. 13 in G-Dur auch bekannt als kleine Nachtmusik gut finden, oder wart ihr vor 1791 in Wien?

Versteht mich nicht falsch einige Releases sind wirklich ein Event und ein Erlebnis. Ich kann mich noch an das Gefühl von Zusammengehörigkeit bei der Veröffentlichung von Pokemon Lets Go erinnern, aber kann man deswegen nicht das Spiel genießen, wenn man es erst heute anfängt? Du magst DMC nur am liebsten, weil du die Essenz der anderen Teile nicht erfasst hast. Doch, hab ich gespielt, ist immer noch der beste Teil für mich. Nur weil ich das 2001 in der dritten Grundschulklasse noch nicht gespielt habe, kann ich mir Jahre später doch darüber eine Meinung erlauben.

Was will ich eigentlich mit meinen Worten aussagen? Schließt niemanden aus, nur weil er jetzt erst eine Sache für sich entdeckt, sondern unterstützt ihn dabei! Gemeinsame Interessen bringen zusammen und dabei ist es egal, wer als Erstes da gewesen ist.