Ein Berg von Zetteln erstreckt sich vor meinem Laptop und wartet darauf abgetippt zu werden. Zwei Zwischenberichte befinden sich ebenfalls darunter… es hat schon etwas ganz oldschool mit Papier und Stift seine Gedanken festzuhalten. Blöd nur, dass man das ganze Geschreibsel ja auch irgendwie digitalisieren muss, um es auf einen Blog stellen zu können. Aber genug Gemecker - schließlich möchte ich euch von meinen Schminkkurs erzählen, an dem ich am Dienstag teilgenommen habe. Schon im Flur des Krankenhauses begegnete ich der Dame, die letztes Mal neben mir saß, als ich die Chemo bekam und einer weiteren, mir noch unbekannten Frau. Man stellte sich vor und ich fühlte mich sofort wohl, nicht zuletzt, weil ich die ersten positiven Reaktionen auf meine grüne Haarpracht einheimste. Es dauerte auch nicht lange und der Raum füllte sich mit ausgesprochen netten Menschen. Jeder von uns erhielt eine Tasche voller Makeup und wir gingen Schritt für Schritt durch eine Schminkanleitung. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht ganz so viel über Makeup gelernt, da ich selbst wohl schon ganz fit in dem Thema bin, aber das war auch gar nicht so wichtig. Denn mein persönliches Highlight, bestand in dem Austausch zwischen uns Patientinnen. Es ging zwar nicht voranging um unsere Erkrankung, was ganz gut war, aber man tauschte seine Erfahrungen aus, was die Chemo und die dazugehörigen Beschwerden anging. Gerade zum Thema Selbstwert und Haarverlust haben mir die Erfahrungsberichte sehr geholfen. Man ist halt nicht allein und sieht auch mal die Geschichte hinter den Gesichtern, die mit einem im Wartezimmer sitzen.
Nach dem Kurs trafen wir sogar noch die Chefsekretärin, die mich für diesen Kurs angemeldet hatte. Eine grüne Perücke hatten sie noch nie in diesem Krankenhaus gesehen und ich wurde sogar als tolles Vorbild bezeichnet - wie hübsch ich doch im Kirschblütenkleid mit den grünen Haaren aussehen würde - so viele süße Komplimente, die ihre Wirkung zeigten. Ich fühlte mich seit einer langen Zeit mal wieder schön. So schön, dass ich mich sogar traute Selfies zu machen - mit so einer App rumzuspielen, kann auch ganz lustig sein.
Am Mittwoch entdeckte ich das Filofaxing und Scrapbooking wieder für mich - keine Angst, dies ist keine neue Art der Haarentfernung, sondern beschreibt den Vorgang, dass man ein Filofax/Tagebuch mit allem möglichen, wie Klebeband und Stickern vollklebt. Mein Tagebuch ist so dick, dass es nur noch von einem Gummiband zusammengehalten wird. Es tut gut, die ganzen Erinnerungen festzuhalten und sich auf die positiven Sachen zu konzentrieren.
Familientag, sprich Vatertag am Donnerstag steht im Zeichen des gemeinsamen Rumgammelns. Mehr muss man auch nicht tun. So ein Familientag ist doch auch mal etwas Wundervolles!
Freitag war nun der Tag, an dem ich eine professionelle Perücke vom Friseur angepasst bekommen sollte. Eine dunkelbraune Perücke, die mir gerade mal so über die Schultern geht. Der Friseur war wirklich super, aber irgendwie fühlt sich die Perücke nicht so an, wie ich es erwartet habe. Schonmal in der Stadt, legte ich mit meiner Mama eine kleine Shoppingtour ein. Katzen und Einhörner mussten sowohl in Ketten- bzw. Ringform mit, als auch als Washitape zum Bekleben. Nach dem Schminkkurs habe ich irgendwie richtig Lust bekommen, mich zu schminken, weswegen ich in einem Drogeriemarkt ordentlich zuschlug. Man hat halt nie die richtigen Farben! :)
Danach trafen wir uns mit meinem Opa, seiner Frau (ich will nicht Stiefoma schreiben, denn das hört sich immer so böse an und sie ist das komplette Gegenteil davon) und meiner Tante. Es war so schön die drei mal wiederzusehen - so eine liebevolle und entspannte Atmosphäre. Solche Momente sammle ich gerne ein und versuche sie für schlechte Zeiten zu bewahren.
Früh aufstehen am Samstag - gemeinsam frühstücken und dann zu IKEA. Ich möchte einen Nachttisch, Papa möchte Lampen und Mama braucht ja eigentlich nichts. Man kennt das. Kerzen nimmt man sowieso mit. Das ist ein Naturgesetz. Mit Duftkerzen kriegt man mich immer, aber als meine Mama dann ein Kissen bedruckt mit schwarzen Katzen entdeckte, erreichte meine Begeisterung die höchsten Ausmaße. Auf dem Weg nach Hause noch schnell im Supermarkt Grillsachen für den Abend geholt - rundum gelungener Tag.
Wusstet ihr, dass man aus Kuchenpappunterleger vom Bäcker gute Pinnwände machen kann? Man klebt einfach Tickets, Briefe, Fotos, Stoffblumen und den ganzen Kram drauf und pinnt sie mit Reiszwecken an die Wand. So sah auch der komplette Sonntag aus - Aufbauen und Dekorieren. Alles ist aufgeräumt und duftet gut - da fühlt man sich doch gleich viel wohler.
Eine wirklich gelungene, wenn auch anstrengende Woche. Und Perücke Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 sind auch schon auf dem Weg… und ich habe Einhorn-Duschgel… es glitzert aber nicht. :)