Etwas verspätet… wie immer folgt der Zwischenbericht zur vergangenen Woche mit der ersten positiven Nachricht am Montag. Mein erster Kontrolltermin nach zwei Chemos und was soll ich groß drum rum reden? Die Chemo schlägt sehr gut an, sodass der Arzt erst nach den Krebszellen suchen musste mithilfe eines Ultraschallgeräts. Ein Clip wurde mir in diese Zellen gesetzt, welcher das Wiederfinden nach den Chemos erleichtern soll. So weit so gut. Außerdem wurde ich zu einem Schminkkurs für Krebskranke eingeladen, der allerdings erst nach meiner nächsten Chemo stattfindet. Also Daumen drücken, dass es mir dann wieder gut geht. Die ganze Woche bis zum Donnerstag drängen sich mir böse Gedanken auf, weil ich einfach nicht nochmal diese Berg-und-Tal-Fahrt mitmachen möchte, die eine Chemo mit sich bringt. Ich möchte nicht, dass es mir wieder schlecht geht, aber ich möchte auch nicht an Krebs sterben. Dann rennt man freiwillig ins Messer, weil man weiß, dass es einen auf lange Sicht hilft.
Mitten in der Nacht einen Weinkrampf zu bekommen, gehört beim besten Willen nicht zu den erstrebenswertesten Dingen. Ich konnte nicht schlafen und sah mir deswegen im Fernsehen einen Beitrag über den Selbstwert bei Frauen an. Genau mein Thema, an dem ich arbeiten will, wie ihr ja wisst. Jede noch so kritische Aussage hätte ich genauso für mich selbst unterschrieben und dann kam die Tatsache, die mich erschütterte. Viele der befragten Frauen, auch wenn sie sonst kaum etwas an sich schön fanden, mochten ihre Haare. Und ich saß heulend vor dem Bildschirm und dachte mir - Tja, und genau das hast du nicht mehr.
Dumm, ich weiß. Trotzdem fuchst mich dieser Gedanke immer wieder. Ich habe ständig das Gefühl, dass mich alle anstarren, wenn ich mich draußen bewege. Meine Mütze abzunehmen ist schrecklich, selbst zu Hause - wenn ich mich in einem Spiegel erblicke, erschrecke ich jedes mal. Schließlich gab es auch Freudentränen - und zwar als meine Perücke endlich vom Briefträger geliefert wurde. Eine grüne Lockenpracht, die sich verdammt gut anfühlt.
Bald kommt noch eine professionelle Perücke vom Friseur dazu, die mir aber erst einmal angepasst werden muss. Eigentlich möchte ich mich aber nicht hinter den Perücken verstecken, sondern mich auch so wie ich bin akzeptieren. Das wird noch ein langer Weg, aber fangen wir vielleicht mit einem Foto von mir mit Mütze an. Kleine Schritte. Ich bin immer wieder ganz baff über das viele positive Feedback, welches ihr, meine lieben Leser, mir zukommen lässt. So oft bin ich verunsichert, ob ich dieses oder jenes so persönlich schreiben sollte. Aber allein die Kommentare zu meiner Gaming-Geschichte haben mich wieder einmal eines Besseren belehrt.
Diesmal bekam ich zur Chemo noch eine Infusion mit einem Mittel was zusätzlich gegen die Übelkeit helfen soll. Mir wurde zwar früher, sprich schon auf der Fahrt nach Hause schlecht, aber ich musste mich selbst am Abend nicht übergeben. Großspurig saß ich sogar vor meiner Playstation und behauptete, dass wenn ich schon kotzen müsste, dies auch mit einem Controller in der Hand tun könnte.
Die Tage nach der Chemo sind immer von meinen Meckereien geprägt, die laut meiner Eltern ein Ausmaß an Sarkasmus einnehmen, welches manchmal ganz unterhaltsam sein mag. Zwischen Teenager-Ich-Hab-Kein-Bock-Gehabe und Hey-eigentlich-gehts-mir-doch-ganz-gut wechsle ich im Minutentakt. Gelesen habe ich die Woche über so Einiges, da mir ja bei Bildschirmen in den ersten Tagen immer die Kopfschmerzen ins Hirnzentrum dröhnen. Bedanken möchte ich mich bei meinem lieben Twitter-Martin, der mir extra deswegen ein Comic-Paket zugeschickt hat. Vielen Dank auch an moep0r - Poochy und Yoshis Wolly World ist so super!
So, ich versuche jetzt dieses schreckliche Angeln in Final Fantasy 15 in den Griff zu bekommen. Haltet die Ohren steif! Ich werd's auch versuchen. :)