Heute ist der Stichtag - was heißen soll, heute am Donnerstag den 29. September findet die Jahreshauptversammlung bei Ubisoft statt. Klingt erst einmal nicht sehr spannend. Wenn man sich allerdings die neusten Machtkämpfe bezüglich des Einflusses in diesem Konzern anschaut, sieht es etwas anders aus. Der französische Spieleentwickler, welcher im Jahre 1986 gegründet worden ist, gehört mit Standorten in über zwanzig Ländern zu den größten Unternehmen im Bereich der Gaming-Industrie. Bekannte Marken des Developers/Publishers sind unter anderem Assassins Creed, Far Cry, Rayman, mehrere Titel im Tom Clancy Franchise, aber auch Child of Light und die South Park Spiele. Besonders auf Watch Dogs 2 freue ich mich wie doll und verrückt, wie man bereits auf Twitter sehen konnte. Doch nun will sich wohl der Medienkonzern Vivendi in die Firmenpolitik von Ubisoft einmischen. Ein regelrechter Kampf ist entbrannt und ich schaue mir die Sache mal etwas an und lasse meine Gedanken schweifen…
Vorweg wieder eine Warnung: Ich verstehe von Aktiengeschäften nicht gerade viel, von Spielen dafür umso mehr. Dies ist also wieder mal nur meine persönliche Meinung in einem Beitrag, in dem ich mir selbst Luftschlösser baue und Katastrophen fantasiere und mir Infos zusammen google bzw. zusammenfasse. Viel Spaß…
Einfach erklärt, kann man sagen, dass Vivendi sich Aktien, also Firmenanteile von Ubisoft gekauft hat, die einen so großen Prozentsatz betragen, dass sie durchaus ein Mitspracherecht im Unternehmen rechtfertigen. In unterschiedlichen News ist die Sprache von 17-23 %, während die Gründer von Ubisoft einen Prozentsatz von 15-19% halten sollen. Vivendi, die bereits im Juni diesen Jahres die Tochterfirma Gameloft, welche für Mobile Games zuständig ist, sich zu eigen gemacht haben, ist dafür bekannt Marken zu melken unter Verlust der Qualität und sich Innovationen in den Weg zu stellen.
Erst vor drei Tagen machte Ubisoft Schlagzeilen damit, dass das französische Studio einen Buchverlag gegründet hat, welches in Anbetracht der vielen Assassins Creed Bücher, die in Deutschland von Panini herausgegeben werden und durchaus lesenswert sind, sich sowieso schon angeboten hat. Außerdem gab Ubisoft bekannt, dass sie eine Qualitätsoffensive ins Leben gerufen haben und ihren bekannten Marken mehr Entwicklungszeit einräumen würden. Ein neues Assassins Creed und Far Cry wäre wahrscheinlich erst in 2018 möglich. Hört sich gut an.
Doch nun kommt Vivendi ins Spiel, die sich bereits 1998 in die Computerspielbranche einkauften. Durch viele Fusionen und Übernahmen von verschiedenen Konzernen erlangten sie auch Macht an den zwei Firmen Sierra Entertainment und Blizzard Entertainment. Blizzard ist bis heute immer noch ein großer Name im Gaming-Bereich. Sierra wiederum verschwand von der Bildfläche und selbst der ehemalige Gründer Ken Williams bekundete sein Bedauern darüber, was aus diesem Unternehmen geworden war. 2004 wurde Sierra als Spieleentwickler von Vivendi geschlossen. Dies war für das Unternehmen Vivendi aber nicht weiter schlimm, da Blizzard 2005 mit der Veröffentlichung von World of Warcraft einen riesigen Erfolg verbuchte.
Kritikpunkt war und ist bis heute immer wieder die Akte Activision, welche 2007 mit Blizzard zusammengekloppt wurden, um noch mehr Profit rauszuschlagen. Viele sahen darin den Tod der Call of Duty Reihe, welches ich zugegeben nicht ganz so drastisch formulieren würde. Die Verwurstung des kleinen Drachen Spyro, vor allem im Skylander Franchise ist da schon eine andere Sache. Ebenfalls für Kritik sorgten immer wieder die personellen Umstrukturierungen vor allem bei Blizzard, als hochkarätige Namen wie Bill Roper und Jeff Strain aus Kostengründen und Meinungsverschiedenheiten bezüglich einiger Ideen vertrieben worden sind. 2013 wurde das Unternehmen jedoch frei gekauft, nachdem Vivendi einen Verkauf schon ein Jahr vorher in Angriff nehmen wollte und die Anteile von Vivendi sanken von 61% auf 12%. Anfang diesen Jahres wurden auch die restlichen Anteile verkauft.
"Dass uns die ganze Welt gehört" scheint nicht nur in einer Dokumentation über Vivendi ein Motto des Konzerns zu sein. Vivendi ist ein großer Medienkonzern, der nicht nur in der Videospielindustrie tätig ist. Universal Music, Studio Canal und Dailymotion gehören ebenfalls dem Konzern. Wenn man bedenkt, dass Activision Blizzard unter der Führung von Vivendi 2011 eine Geldbuße wegen Beteiligung an einem Kartell für Nintendo- Konsolen und Spiele zahlen musste, hinterlässt dies schon einen bitteren Nachgeschmack. Nintendo war selbstredend auch beteiligt, nur als Erwähnung.
Teamplayer scheint Vivendi allerdings nicht zu sein. Vivendi Games beendete zusammen mit Activision Blizzard ihre Mitgliedschaft in der Entertainment Software Association, welche nicht nur viel Arbeit in Analysen und Beziehungsaufbau in der Branche steckt, sondern auch die E3 ausrichtet. Mitglieder dieser amerikanischen Organisation sind unter anderem Nintendo, EA, Konami, Microsoft, Sony, Square Enix und auch Ubisoft.
Feindliche Übernahmen sind nie besonders schön, doch wir müssen uns auch eingestehen, dass die Gaming-Industrie eine der umsatzstärksten Vertreter schlecht hin ist. Natürlich wird gewinn-orientiert gearbeitet und man versucht so einige Marken zu melken, als wenn es kein Morgen gebe. Trotzdem darf man nicht ignorieren, wie viel Kritik sich bei minderwertiger Qualität bei einem Spiel um den Entwickler und Publisher bildet. Shitstorm ist mittlerweile jedem Gamer ein bekannter Begriff. Ob es nun schlechte Spiele, verschobene Releasedates sind oder die dreiste DLC-Politik, so einiges ist in den letzten Jahren über uns hereingebrochen.
Schön ist es dann allerdings, wenn sich ein Spieleentwickler die Kritik der Community zu Herzen nimmt und etwas verändern möchte. Ubisoft gab erst unlängst wieder bekannt, dass sich das Unternehmen sowohl für Assassins Creed, als auch Far Cry mehr Zeit nehmen würde, um die Serien neu zu erfinden und die bestmögliche Qualität zu erzielen. Für mich persönlich ist es vollkommen in Ordnung, wenn ich etwas länger auf ein Spiel warten muss, dann aber ein solides Game in den Händen halten kann. Wie sagte bereits Shigeru Miyamoto: "Ein verschobenes Spiel ist eventuell gut. Ein schlechtes Spiel ist für immer schlecht."
Ubisoft musste bei Spielen wie WatchDogs und The Division massiv Kritik einstecken bezüglich des Grafik-Downgrades. Die firmeneigene Plattform uPlay sorgt immer mal wieder für Frust. Also kann man sich als Spieler doch eigentlich nur freuen, wenn Ubisoft eine Qualitätsoffensive startet… Moment…da war ja noch Vivendi. Die Frage dabei ist, ob dieses Vorhaben überhaupt in die Tat umgesetzt werden kann, wenn ein Konzern wie Vivendi durch seine Aktienanteile mitentscheiden kann. Wie bereits gesagt, ist Vivendi dafür bekannt sprichwörtlich über Leichen zu gehen und Marken förmlich zu melken bis nichts mehr da ist. Viele Gamer und Mitarbeiter des Unternehmens plagt nun die Angst, übertrieben gesagt, jedes halbe Jahr ein Assassins Creed raushauen zu müssen, damit die Geldmaschine nur so läuft. Diese Bedenken kann ich durchaus nachvollziehen und reihe mich in den Kreis der Schwarzmaler gleich mal mit ein.
In der heutigen Zeit kaufen die Leute nicht nur Produkte, sondern auch das Image/Lifestyle dahinter. Nicht umsonst sind Unternehmen wie Apple oder Hollister für viele so anziehend und für andere so abstoßend. Am Beispiel Hollister sieht man sogar, dass die Geschichte herum um das Unternehmen noch nicht einmal wahr sein muss. In der Gaming-Branche ist das nicht anders. Gabe Newell wird als Gott dargestellt und Shigeru Miyamoto darf angeblich nicht mehr mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, da Nintendo Angst hat, dass ihm etwas passiert. Wie es mit Konami nach dem Verlust von Hideo Kojima aussieht, kann man im neuen Trailer zu Metal Gear Survive eindrucksvoll bestaunen.
Die Guillemot-Brüder gründeten 1986 Ubisoft, wobei Yves Guillemot bis heute der Chef des Unternehmens ist. Kleine Info am Rande: Sein Bruder Michel war der CEO von Gameloft, welches ja im Juni von Vivendi übernommen wurde. Yves Guillemot sagte in einem Interview: "Vivendi würde die Werte des Unternehmens zerstören." und dass er sich auf keine Kompromisse einlassen würde, da die Unabhängigkeit entscheidend für den Erfolg von Ubisoft wäre. Zu Wehr setzten sich die Mitarbeiter mit der Aktion unter dem Begriff #WeAreUbisoft und versuchen so viel Unterstützung wie möglich zu bekommen. Diese Aufmerksamkeit haben sie besonders in Kanada bekommen, da dort mehrere Studios ansässig sind. Wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, dass die Familie Guillemot keinerlei Kontrolle mehr über ihr eigenes Unternehmen hat, kann dies nicht nur dem Image stark schaden. Na gut, mögen jetzt einige sagen, dann darf man nicht seine ganzen Firmenanteile verkaufen. Ein Funke Wahrheit ist an dieser Aussage durchaus dran, auch wenn es in der Welt der Aktien durchaus anders aussieht.
Eine Aussage, die mich in diesem Konflikt derbe gestört hat, ist die kritiklose und unreflektierte Heiligsprechung von Ubisoft. Sofort wenn ein Feind auftaucht, um es man wieder überspitzt zu sagen, sind alle Probleme vergessen und Ubisoft scheint eines der besten Unternehmen der Welt zu sein. Voll von Kreativität und Innovationen kann man die immer gleichen Turm-Gebiets-Eroberungsspiele, wie Assassins Creed, FarCry und WatchDogs nicht bezeichnen. Für mich sind es zwar gute Spiele und mit Child of Light wurden auch mal andere, schöne Wege eingeschlagen. South Park, obwohl eine etablierte Marke im Serien-Bereich, strotze nur so vor Witz und Charme. Besserung wurde ja bereits versprochen, aber bitte nicht alle Kritik vergessen.
Meine Hoffnung besteht eigentlich nur darin, dass die Qualitätsoffensive von Ubisoft Früchte trägt, die Mitarbeiter zufrieden und glücklich sind und ich nie mehr so etwas wie Assassins Creed Unity ertragen muss.
Update: Konferenz ist beendet und Vivendi hat keine Forderungen auf einen Sitz im Aufsichtsrat gestellt. Die Möglichkeiten einer feindlichen Übernahme durch weitere Aktienkäufe kann aber nicht ausgeschlossen werden. Mal schauen, wie es weitergeht…