Samstag, 24. September 2016

Game Review: Fernbus Simulator

Genre: Simulation
Gespielte Plattform: Steam
Publisher: Aerosoft GmbH
Developer: TML-Studios
USK: Freigegeben ab 0 Jahren
Release: 25. August 2016
Spielzeit: 2 - 100 Stunden

Ein Spiel, welches die Community spaltet. Für die einen ist es ein typisches Trash-Game, für andere Spieler der Himmel auf Erden. Ich rede also von Simulationen. Explizit möchte ich über den Fernbus Simulator sprechen. Warum möchte ich mich aber über diese Perle der Videospiele äußern? Eigentlich bin ich davon ausgegangen dieses Game niemals selbst spielen zu müssen. Tja, da waren wohl Freunde anderer Meinung. Kann man solche Personen überhaupt als Freunde bezeichnen, wenn sie einen zwingen… ich meine natürlich, wenn sie einem solch ein grandioses Spiel näher bringen wollen? Spaß beiseite - Steigen wir also in den schicken, grünen Flixbus und beginnen mit dem Spiel…

Simulationen sind in vielen Bereichen mit einer Fanbase ausgestattet, die seines Gleichen sucht. Wenn man sich anschaut, wie viele Personen bei den neuen Features des Landwirtschaftssimulators laut jubeln, bekommt man einen kleinen Eindruck des Ausmaßes, der einem TripleA-Game alá Call of Duty ähnelt. Persönlich habe ich mit Simulatoren im Fahrzeugbereich eher nicht so gute Erfahrungen sammeln können, aber davon will ich mich nicht maßgeblich beeinflussen lassen.

Wie es bei Simulatoren so üblich ist, gibt es keine große Geschichte, sondern nur die Storys, die man sich selbst im Spiel ausdenken möchte. Unser eigener Charakter lässt sich nicht einstellen, muss aber wohl eine unglaubliche Haartolle haben, welches jedem Spieler beim Blick in den Himmel auffallen wird, da sich schon eine Art Lebensform auf dem Kopf unseres Busfahrers zu befinden scheint.

Andere Menschen sind rar gesät und tauchen nur als Passagiere für den Bus auf. Was da als andere Verkehrsteilnehmer in den Autos zu finden ist, vermag ich nicht festzustellen. Wahrscheinlich sollten die dunkelgrauen Wesen mal Menschen werden, aber es fehlt ihnen einfach an Textur. Die Charaktermodelle unser Kunden sind ebenfalls etwas kritisch zu sehen. Gefühlt unter fünf Modelle vorhanden, die mit immer gleicher Kleidung, die unterschiedlich eingefärbt wurde, glänzen. Zur Atmosphäre trägt diese Eintönigkeit nicht bei und zu allem übel sind die Städte und Bürgersteige menschenleer.

Bei aller Güte für die lieblosen Charaktermodelle hat mir das Check-In der Fahrgäste gut gefallen. Namen auf der Liste prüfen und mit den Tickets abgleichen, bei Bedarf auch mal Fahrscheine an neue Kunden verkaufen - wie eine vereinfachte Version von Papers, Please. Einzig uns allein das Auflösen und plötzliche Auftauchen der Personen von der Haltestelle in den Bus, welches an das Beamen im Sci-Fi Bereich erinnert, stört dann wieder doch das Gesamtbild.

Abwechslungsreiche Texturen sucht man in den Städten in gleicher Weise vergebens. Durch Copy&Paste sind viele Geschäfte und andere Häuserfassaden in fast allen Städten anzutreffen. Sehenswürdigkeiten sind vorhanden, jedoch entweder nur aus der Ferne zu begutachten oder schlicht und einfach nicht zu erkennen. Das Werbeversprechen mehr als 40 Städte realistisch darzustellen, wird absolut nicht eingehalten. Wenigstens ist die Deutschlandkarte originalgetreu.

Originalgetreu soll auch das Cockpit der Busses sein. Für einen Laien, der zwar nur in der Schulzeit mit dem Bus gefahren ist, muss ich zugeben, dass an der Optik des Fahrerbereiches nichts auszusetzen ist. Eine andere Sache ist die Steuerung - mit der Tastatur kaum spielbar, während beim Gamepad viele Funktionen zu fehlen scheinen. Selbst beim Spielen mit der Tastatur funktionierten bestimmte Befehle einfach nicht, obwohl sie richtig den Tasten zugewiesen waren. Das volle Erlebnis kann man wahrscheinlich eh nur mit einem Lenkrad erreichen, da diese auch vom Spiel unterstützt werden. Allerdings sollen hier auch wieder einige nicht erkannt werden und für Frust sorgen.

Kommentare von Gästen sollen während der Fahrt für eine realistische Atmosphäre aufkommen, so heißt es. Im Spiel gestaltet sich das Verhalten der Fahrgäste in der Äußerungen ob ihnen zu warm/kalt ist oder nervigen Aussagen und krampfhaft witzigen Anmerkungen über den Fahrstil des Busfahrers. "Jetzt noch Flügel und wir heben ab!" - "Das ist hier nicht die Formel1!". Da möchte man so manchen Passagier mit seinem Hintern aus dem Bus befördern. Nur nerviger ist die Original-Flixbus-Durchsage in zwei Sprachen, die sich nicht abschalten lässt.

Baustellen, Staus und Unfälle sollen gleichermaßen die Realität ins Spiel bringen. Leere Baustellen mit einem kleinen Fahrbahnwechsel wirken da eher wie gewollt und nicht gekonnt. Staus bzw. die KI der anderen Verkehrsteilnehmer ist der Hauptkritikpunkt schlechthin. Wenn man sich tatsächlich an die Verkehrsregeln hält, ist man auch nach fünf Stunden Echtzeit noch nicht am Ziel angekommen. Aus Spaß ließen wir das Spiel laufen und schauten nach ein paar Stunden erst wieder auf den Bildschirm - Stau an der Ampel vor dem Busbahnhof hatte sich nicht ansatzweise aufgelöst.

Zu nahe sollte man den anderen Fahrzeugen absolut nicht kommen. Schon bei einem Meter Sicherheitsabstand fährt das vordere Auto nicht weiter und hält den ganzen Verkehr auf. Beim Zurücksetzen um diesem Auto Platz zu machen und ein Weiterfahren zu gewährleisten, rammt man selbstredend seinen Hintermann. Geschwindigkeitsbegrenzungen gelten nur für uns und aus dem Nichts erscheint ein Auto auf der Fahrbahn. In seltenen Fällen kann man sogar schwebende Fahrzeuge begutachten, genauso wie schwebende Schilder und umgedrehte Ampeln.

Unfälle muss man also eingehen, um überhaupt mal voranzukommen. Dann wird man wieder geblitzt, ein Fahrgast meckert, Lenkfehlverhalten, katastrophale Wegfindung und wieder ein leichter Unfall. Spätestens dann ist man am verzweifeln, steigt aus dem Bus oder fährt gleich mit dem Bus auf eine Wiese/Wald, welches unerwartet viel Spaß macht. Sollte man sich bei der Hopserei über die grasbedeckten Hügel mal überschlagen, kann man den Bus zurücksetzen. Sehr nett.

Sowohl der Tag- und Nachtwechsel als auch das Wetter sind wirklich nicht schlecht gemacht und sind hübsch anzuschauen. Dies ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die positivste Eigenschaft für dieses Spiel. Das Reflektieren der nassen Straßen trägt tatsächlich mal positiv zur Atmosphäre bei, auf die ja mit den tollen Werbeversprechen immer wieder hingedeutet wird. In einem haben sie Recht - Atmosphäre ist in einem Simulator extrem wichtig - leider ist sie hier nicht vorhanden.

Freier Modus oder besser "Der Kampf gegen die orangfarbenden Absperrungen" kann man getrost in die Tonne treten. Wer ohne Zwänge und Routen durch Deutschland fahren möchte, kann dies tun, aber dann bitte nur auf gefühlt 1-2 Straßen. Ein Entdecken der Städte, die ja so realistisch sein sollen, ist nicht möglich.

Eine Gegebenheit, die mir beim Recherchieren und Nachlesen aufgefallen ist, ist, dass gerade bei diesem Spiel mit Kritik unglaublich komisch umgegangen wurde. Ich würde zwar nicht so weit gehen und diesen Simulator als ein Trash-Game bezeichnen, aber die gravierenden Qualitätsmängel kann man nicht übersehen. Wie ich eingangs schon erwähnte, hat die Simulations-Community viele Anhänger und Fans, die berechtigterweise auch Ernst genommen werden wollen, egal ob sie nun einen Landwirtschaftssimulator oder ein Tomb Raider spielen. Verstehe ich vollkommen, aber unter diesem Gesichtspunkt, sollte man Simulatoren auch wie alle Spiele bewerten dürfen.

Das Argument, dass das Spiel ja noch nicht fertig ist, ist genauso lächerlich, wie die Behauptung, dass das Geld fehlte, weil Lizenzen gekauft werden mussten. Dieses Spiel ist von Vorne bis Hinten ein Werbespiel. Dank der Kooperation mit Flixbus - heißt es bei Steam. Ständig bekommt man dies um die Ohren geschleudert und selbstverständlich kann man keinen unbekannten Bus fahren, sondern ein MAN Lion's Coach. Für ein Spiel mit dem saftigen Preis von knappen 30€ ist dies schon ein starkes Stück. Passenderweise bekommt man einen 10% Gutschein für die nächste Flixbus-Tour dazu. Aber dabei bleibt es ja nicht.

Der Fernbussimulator ist verbuggt bis zum Anschlag und so unfertig, dass er Assassins Creed Unity in diesem Punkt Konkurrenz machen kann. Ist ja noch nicht fertig - keine Rechtfertigung bei einem veröffentlichten Spiel für 30€. Dies ist keine Early Access, Alpha oder Beta - dies ist ein Vollpreistitel der veröffentlicht wurde! Ich möchte keine Abneigungen gegenüber solchen Simulatoren schüren, eher im Gegenteil. Es macht mich unglaublich traurig, wie lieblos dieses Spiel auf den Markt geworfen wurde, welches wieder dieses Genre in ein schlechtes Licht rückt. Da dies bei allen Videospielen immer mal wieder der Fall ist, werde ich hoffentlich nie müde werden, dieses Verhalten anzuprangern und zu kritisieren in der Hoffnung, dass sich in Zukunft etwas ändert. Lieber ein später veröffentlichtes Spiel, als ein grottenschlechtes Game.

Ich hoffe bloß für die Fans, dass noch ordentlich und schnell nachgeliefert wird, sodass sie auf ihre Kosten kommen.

Fazit

Ein liebloses Spiel mit vielen Bugs und fehlenden Inhalten, welches überteuert Werbung macht.